25. November 2022, Auftakt-Diskussion zum Thema „Verpackung neu gedacht“

Zusammenfassung der Statements

Daniela Hinteregger

Daniela Hinteregger von Zero Waste Austria setzt darauf, ein Bewusstsein für Ressourcenverwendung  und -vermeidung zu schaffen. So wenig wie möglich Ressourcen zu verwenden und mit den bereits bestehenden Ressourcen zu arbeiten, ist für eine Veränderung von Verpackungen essenziell. Den eigenen Konsumwunsch kritisch zu hinterfragen, spielt für Daniela Hinteregger eine Schlüsselrolle. Zero-Waste bietet dafür Bewusstseins- und Aufklärungsarbeit an, beispielsweise in Form von Workshops an Schulen.

Mode ist ein gutes Beispiel für Lifetime-Extension, die Verlängerung der Lebensdauer. Für sie ist es klar, dass es für alle ausreichend Kleidung gibt und nichts mehr gekauft werden müsste. Es gibt bereits gute Alternativen wie Second-Hand-Kleidung oder Kleidertausch, auf die man zurückgreifen kann. Hier ist Bewusstseinsbildung gefragt. Auch der  Fingerzeig in Richtung „Fair-Fashion“ ist für eine Veränderung nicht förderlich. Es ist gut, dass es Fair-Fashion gibt, allerdings ist das auch eine Frage des Einkaufsbudgets. Daher ist Empathie, Sensibilität und Austausch gefragt, um voneinander lernen zu können.

Daniela Hinteregger rät dazu, „out oft he box“ zu denken und in Unverpackt-Läden einkaufen zu gehen. Darüber hinaus ist es wichtig, die Menschen dafür zu sensibilisieren, was den Unterschied zwischen einer „guten“ und „schlechten“ Verpackung ausmacht. Den Konsumentinnen und Konsumenten wir es nach wie vor schwer gemacht – aufgrund von logistischen Herausforderungen und fehlenden Impulsen vor Ort -, unverpackt bzw. mit nachhaltiger Verpackung zu kaufen.

Für den Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft ist Reuse für sie ein wichtiger Treiber, den auch jede und jeder auf individueller Ebene fördern kann. Außerdem ist die Lifetime-Extension zielführend für eine kreislauffähige Wirtschaft.

Sie spricht sich ganz deutlich gegen den Einwegpfand als Lösung aus. Denn es würde mehr Sinn machen, wenn die Verpackung länger im Kreislauf gehalten werden könnte. Allerdings ist es Verhaltensbildung und kann ein guter Zwischenschritt sein.


Reinhard Hubmann

Reinhard Hubmann beschäftigt sich mit der Analyse von industriellen Verpackungshierachien für industrielle Großverpackungen im Projekt „Zero Waste Packaging Solutions“. Er versucht Lösungen für Inbound-Packaging, Intralogistik-Packaging und Outbound-Packaging im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu finden. Für Hubmann gibt es nicht die eine optimale Verpackung; vielmehr sollen verschiedene Alternativen zum Ziel führen. Die Kreislaufwirtschaft ist hierfür ein „Gamechanger“ sowohl auf ökonomischer als auch auf ökologischer Seite.

Hubmann sieht es als wenig zielführend an, über theoretische Ansätze und Konzepte, die schon jahrelang auf dem Tisch liegen, zu philosophieren. Vielmehr müssen diese umgesetzt werden. Die Grundfokussierung auf die Zero-Waste-Verpackungen darf durch die vielen Diskussionen und komplexen Themenstellungen nicht verloren gehen. Die Hauptfrage lautet „Was brauchen wir?“ und das Ziel ist ganz klar Zero Waste. Dass wir nichts verlieren dürfen auf der Welt, sollte all unser Credo sein.

Die Zusammenarbeit mit den Lieferanten der Supply-Chain ist sehr unterschiedlich. Einige sind, so Hubmann, schon sehr fortschrittlich. Bei anderen hingegen fehlt das Interesse an kreislauffähigen Lösungen. Jedoch erhalten auch diese langsam Druck aufgrund CO2-Besteuerungen und EU-Gesetzen. Hubmann versucht mit einer „Inbound-Packaging-Guideline“ den Lieferanten Spielraum zu lassen, da Logistik bzw. Intralogistik eine große Herausforderung für die Firmen darstellt. Ihm ist es wichtig, im gemeinsamen Austausch herauszufinden, was für beide Seiten möglich ist.

Er plädiert in Bezug auf Verpackungen auf ehrliche Kommunikation sowohl in der Industrie als auch in der Bevölkerung. Die Menschen müssen über die tatsächliche Materialauswahl Bescheid wissen. Zusätzlich müssen Zertifizierungen wie z.B. die FSC-Standards aussagekräftiger werden. KonsumentInnen benötigen mehr Information, was tatsächlich dahintersteckt. Dazu ist es auch notwendig, Lieferketten durchgängig transparenter zu machen.

Von der Nachhaltigkeit her betrachtet ist das Einwegpfand nicht schlecht, logistisch hingegen sind jedoch Rückgabe-Automaten keineswegs optimal; der Ressourcen- bzw. Energieaufwand ist beträchtlich. Zur Bewusstseinsbildung der KonsumentInnen trägt das Pfandsystem jedoch bei.


Victoria Krauter

Victoria Krauter ist im Fachbereich Verpackungs-und Ressourcenmanagement am FH Campus Wien in Forschung und Lehre tätig. Sie leitet das Kompetenzzentrum für Sustainable and Future Oriented Packaging Solutions. Um Verpackungen kreislauffähiger zu gestalten, schlägt sie vor, den Fokus auf die Lebenszyklus- und Stoffflussanalyse zu legen. Verpackungen sollen objektiv betrachtet werden: Anstatt sich auf eine einzige Verpackungsart festzulegen, sollen die verschiedenen Werkstoffe je nach Einsatzbereich sinnvoll eingesetzt werden. Durch den Einsatz von biobasierten, bioabbaubaren Materialien und durch Verdichtung können Verpackungen zirkulärer gestaltet werden. Ihre Funktionen dürfen deswegen nicht gemindert werden.

Unternehmen sollen positiv bestärkt werden, proaktiv zu handeln. Die gesetzliche Regulierung hat ihre Grenzen, kann aber Mindeststandards voranbringen. So sollten Unternehmen, die sich um mehr Kreislauffähigkeit bemühen, zum Beispiel steuerlich begünstigt werden.

Ein weiterer Punkt bei der Optimierung von Verpackungsdesign ist die Erkennbarkeit von nachhaltigen Produkten und Verpackungen. Es gibt Aufholbedarf bei Nachhaltigkeitslabels im Lebensmittelbereich. Vorsicht ist bei Greenwashing geboten: Green Claims dürfen nicht ungeprüft übernommen werden. Um zu erkennen, welche Verpackungen gut funktionieren, müssen auch Ergebnisse aus der Konsumenten- und Verhaltensforschung eingebracht werden.

Krauter rät zur Vorsicht vor absolutistischen Meinungen und Aussagen: Jede Lösung hat auch ihre Kehrseite. Sie fordert dazu auf, in hochwertige Bildung zu investieren und das Reflexionsvermögen junger Leute zu stärken, damit nicht blind Meinungen übernommen werden, sondern die Menschen offen für differenzierte Lösungen sind. Gerade junge Leute sind bereit, etwas in der Gesellschaft zu bewirken, und ihr Einsatz zählt.


Harald Gründl

Harald Gründl ist Designtheoretiker und Gründer des Institute of Design Research Vienna. Er macht auf die Problematik des Themas PET und wie es an Konsumenten kommuniziert wird aufmerksam. Obwohl es als recycelbar und kreislauffähig dargestellt wird, bleibt nach jedem Recyclingprozess weniger vom Ursprungsmaterial für die Herstellung neuer Flaschen übrig.

Um eine Verhaltensänderung in Richtung Verpackungsoptimierung, beginnend bei den Lieferanten, anzustoßen, setzt Harald Gründl auf Regulation und Innovation. An den von der Industrie mitausgehandelten Ökodesign-Richtlinien kritisiert er den fehlenden Blick auf neue Möglichkeiten. Beispielsweise wurden Staubsauger mit einer immer höheren Wattanzahl beworben, bis neue Richtlinien dies regulierten.  Daraus ergaben sich wiederum sinnvollen Innovationen.

Auch Kooperation zwischen Unternehmen gibt Gründl als wichtigen Treiber für die Kreislaufwirtschaft an. Als positives Beispiel hierfür nennt er den Zusammenschluss von Konkurrenten, die sich vor 50 Jahren in Deutschland für die Gestaltung einer innovativen Glasflasche zusammenschlossen. Ein solcher Zusammenschluss wäre beispielsweise auch bei Supermarktketten sinnvoll, um Flaschen an verschiedenen Supermärkten zurückgeben zu können, und so die Prozesse für die Konsumenten zu vereinfachen.

Für den Wandel zur Kreislaufwirtschaft muss auch die Langlebigkeit der Produkte erhöht werden, was allerdings nicht überall funktioniert, insbesondere im Bereich der Mode. 

Um Verpackungen kreislauffähiger zu gestalten, muss bereits in der Logistik angesetzt werden; denn logistisch betrachtet ist es trotz des erhöhten Materialverbrauchs noch immer einfacher und billiger, ein Produkt einzeln zu verpacken, als in größeren Einheiten. Auch aufgrund der Schutzfunktion von Verpackungen wird oftmals immer noch zu kleineren Verpackungseinheiten gegriffen. 

26. November 2022, Vorträge und Workshop

Key Findings

10.00 h Vortrag Bianca Limbach, Ringana-Partnerin

  • Kunststoffe lassen sich oft nicht sinnvoll ersetzen
  • Nur 25 % der Glasflacons gehen zurück, obwohl Gutschrift

    11.00 h Vortrag Firma Hobart, Spültechnik mit Fokus MehrWeg-Geschirr

    • Wassereinsatz und Spülmittel im Spülvorgang optimieren
    • Innovative Lösungen vor Ort (mobiler Spülcontainer)

    14.00 h Workshop

    • Verpackungsfrei mit Maß und Ziel, Integration in bestehende Märkte
    • Unverpacktladen als Vorbild für Großkonzerne

    15.00 h Vortrag EPEA Switzerland

    • Produktionsprozesse neu denken; Entwicklung kreislauffähiger Produkte
    • Cradle to Cradle-Certified-Projekte in allen Branchen

    15.30 h C2C NGO Regionalgruppe Wien

    • Ziel: Positiver Fußabdruck
    • Rückführung in Kreisläufe statt Wegwerfen

    19.30 h Abschluss-Diskussion

    • Input „Reuse“ (Ellen McArthur Foundation)